05.07.2025

Gottloser Staat – Konsequente Trennung von Staat und Religion

Die Wahrung der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates gilt als Fundamentalprinzip des Grundgesetzes und wegweisende Errungenschaft der modernen Staatsbildung. Gerade für Liberale ist die strikte Trennung des Staatswesens von Religionen unverzichtbare Konsequenz, um die individuelle Freiheit für Glaubensbekenntnisse und Weltanschauungen, wie sie im deutschen Grundgesetz, der Grundrechtecharta der Europäischen Union und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert sind, zu gewährleisten. Trotz des etablierten Grundsatzes und unumstrittenen liberalen Grundwertes, bleibt die faktische Trennung zwischen dem deutschen Staat und Religionen eklatant hinter diesem Anspruch zurück, wobei christliche Religionsgemeinschaften de facto eine besondere Bevorteilung genießen.

Als Junge Liberale Schleswig-Holstein steht für uns fest: der Staat hat keinen Gott! Aus diesem Grund fordern wir eine konsequentere Trennung von Staatswesen und Religionsgemeinschaften und eine drastische Verschärfung des staatlichen Neutralitätsgebots, um die individuelle Religionsfreiheit zu garantieren und jeden Zweifel an einer religiösen Prägung der öffentlichen Hand zu verhindern. Es gilt sich auf allen staatlichen Ebenen strikt für die staatliche Neutralität einzusetzen.

Nachholbedarf der fundamentalen Trennung von Staat und Kirchen

Viele Privilegien von Religions- oder Glaubensgemeinschaften sind aufgrund der historischen Verbindung zwischen Staaten und Kirchen sehr grundlegend in deutschen Rechtssystem verankert. Aufgrund dieser Entstehungsgeschichte ist es unumgänglich einige grundgesetzliche und verfassungsrechtlichen Änderungen auf Bundes- und Landesebenen umzusetzen. Dabei muss immer der Grundsatz gelten, dass das Recht zur individuellen Religionsausübung durch den Staat nicht behindert werden darf und auch gegenüber Dritten verteidigt werden muss, das Staatswesen selbst jedoch frei von Einflüssen durch und Sonderstellungen für Religions- und Glaubensgemeinschaften oder -bekenntnissen ist.

  • Die Streichung des Gottesbezugs aus dem Grundgesetz: Um die säkuläre Einstellung des Staates zu verdeutlichen, muss jeder Gottesbezug aus dem Grundgesetz, insbesondere in der Präambel und Artikel 56, ersatzlos gestrichen werden.
  • Die Abschaffung die Sonderbehandlung des Religionsunterrichts: Die Vermittlung von religiösen Glaubenslehren ist keine Aufgabe des Staates. Sowohl die allgemeine Pflicht zum Religionsunterricht als auch insbesondere die Mitbestimmung über Bildungsinhalte durch Religions- und Glaubensgemeinschaften, muss abgeschafft werden. Öffentliche Schulen und Bildungseinrichtungen sind kein Ort für konfessionellen Religionsunterricht. Die Möglichkeit konfessionslosen Religionsunterricht auf streng freiwilliger Teilnahme und ohne Einfluss der Religionsgemeinschaften soll bestehen bleiben. Kein Schüler soll zur Teilnahme am Religionsunterricht verpflichtet werden dürfen.
  • Die Befreiung staatlicher Lehre und Forschung: Neben der Sonderbehandlung vom Religionsunterricht, besteht erheblicher Handlungsbedarf, um die Bildung und Forschung an staatlichen Einrichtungen vollumfänglich vom Einfluss durch Religions- und Glaubensgemeinschaften zu befreien. Hierzu sind alle Möglichkeiten und Sonderrechte, wie Gremiensitze, Informations- und Mitspracherechte für öffentliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen konsequent abzuschaffen, sofern diese nicht den allgemeinen demokratischen Mitspracherechten in genereller Gleichbehandlung folgen.
  • Die liberalisierte Übertragung der Staatskirchenartikel: Anstatt mit Artikel 140 GG zentrale Bestandteile des Staatskirchenrechts über veraltete Gesetzesvorschriften der Weimarer Reichverfassung zu definieren, sind die Artikel 137 bis 139, sowie Artikel 141 WRV, soweit notwendig, in aktualisierter Form unter den Gesichtspunkten eines liberalen Säkularismus‘ in das Grundgesetzt zu überführen. Die gesetzliche Sonderstellung christlicher Ruhe- und Feiertage nach Artikel 140 WRV muss abgeschafft werden.
  • Die Privatisierung von religiösen Körperschaften: Die Rechtsformen von Religions- und Glaubensgemeinschaften dürfen künftig ausschließlich im privaten Rechtsrahmen erfolgen, sodass das Privileg öffentlicher Körperschaften lediglich mittelbar staatlichen Institutionen verbleibt. Hierzu ist insbesondere Artikel 137 Abs. 6 bis 8 der Weimarer Reichsverfassung ersatzlos zu streichen und die bestehenden Religionsgemeinschaften in das Privatrecht zu überführen.
  • Die Gleichbehandlung und Vereinfachung der Austrittsmöglichkeiten: Auch der Austritt aus religiösen Gemeinschaften muss vereinfacht werden. Gleichberechtigt zu anderen privaten Gemeinschaften, muss der Austritt aus Kirchen oder sonstigen Religions- und Glaubensgemeinschaften in einfacher Schriftform (auch digital) erfolgen können.
  • Die Abschaffung der Sonderstellung von Religionsgemeinschaften im Medienrecht: Keine Religions- oder Glaubensgemeinschaft darf eigene, besondere Mitsprache- oder sonstige Sonderrechte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeräumt bekommen. Der Rundfunkstaatsvertrag muss entsprechend reformiert werden. Insbesondere darf es keine Ansprüche auf Kurzberichterstattung, die Einräumung von Sendezeiten und keine Sitze in den Rundfunkräten geben.
  • Die freie Meinungsäußerung auch gegenüber Religionen verteidigen: Ebenso wie das Recht zur freien Ausübung der Religion, zählt das Recht auf freie Meinungsäußerung zu den höchsten und schützenswertesten Gütern der freiheitlichen Demokratie. Mit Hilfe des „Blasphemieparagraphen“ werden kritische Äußerungen, gerade unter Verwendung künstlerischer Zuspitzungen, gegenüber Religions- und Glaubensbekenntnissen jedoch leichtfertig eingeschränkt. Um Einschränkungen der Meinungsfreiheit aufgrund von religiösen Empfindungen und Gefühlen zu verhindern, gilt es § 166 des Strafgesetzbuchs ersatzlos abzuschaffen.

Religionsgemeinschaften, als gleichberechtigte Akteure privater Natur

Nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber anderen privaten Gemeinschaften und Organisationen, genießen Religions- und Glaubensgemeinschaften unzählige Privilegien. Dies ist als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu werden, nachdem der Staat private Interessen weder direkt noch indirekt bewerten und entsprechend bevor- oder benachteiligen darf. Entsprechend ist es entscheidend, dass Religionsgemeinschaften mit sonstigen privaten Organisationen und Akteuren privaten Rechts gleichgestellt werden muss.Die Anwendung des allgemeinen Arbeitsrechts für kirchliche Arbeitgeber: Das gesonderte Arbeitsrecht für kirchliche Träger oder Träger sonstiger Glaubensgemeinschaften, muss abgeschafft werden. Im Sinne der Gleichberechtigung sollen stattdessen auch diese Arbeitgeber denselben Arbeitsgesetzen und -vorschriften wie andere Arbeitgeber unterliegen.

  • Die Abschaffung aller gesetzlichen Feiertage mit Religionsbezug: Neben der Abschaffung des Artikel 140 WRV, gilt es alle gesetzlichen Feiertage mit religiösem Bezug abzuschaffen, damit die Arbeits- und Freizeitgestaltung der Menschen nicht von Religionen eingeschränkt wird. Als Ausgleich, sowie zur Verhinderung einer versteckten Mehrbelastung, sollen die gesetzlich festgeschriebenen Urlaubstage für Arbeitnehmer um fünf Tage ergänz werden, sodass mehr individuelle Lebensgestaltung frei von religiösen Vorschriften ermöglicht wird. Bis zur Abschaffung der Privilegierung religiöser Feiertage bekräftigen wir unsere Forderungen nach der Abschaffung zusätzlicher Feiertagsauflagen wie dem Tanzverbot an „Stillen Tagen“.
  • Die Beendigung von Ausbildungszahlungen und sonstigen Bezügen: Die Ausbildung, sowie teilweise die Bezahlung, von religiösen Amtsträgern und Vertretern findet weiterhin staatliche Förderung, oder sogar eine vollständige Finanzierung, wobei weiterhin eine starke Bevorteilung katholischer Kirchen erfolgt. Weil religiöse Arbeit allein eine Verantwortung der jeweiligen Religionsgemeinschaften ist, darf weder die Ausbildung noch die dauerhafte Bezahlung von religionsgemeinschaftlichem Personal durch den Staat gefördert oder finanziert werden. Soweit eine Förderung über allgemeine, nicht-religionsbezogene Förderungsrichtlinien begründet ist, soll dies unter dem Aspekt der Gleichbehandlung bestehen bleiben.

Religionsfreiheit bei jedem Amtsbesuch

Um die Religionsfreiheit jedes Einzelnen zu wahren und die Neutralität des Staates zu gewährleisten, ist es von ganz entscheidender Bedeutung, dass die Ausübung der Staatsaufgaben keinen begründeten Zweifel an dessen Neutralität zulässt. Hierbei ist bereits entscheidend, dass das bereits Vertrauen der Menschen in die weltanschauliche Neutralität und Freiheit von Diskriminierung erhalten werden muss. Wo nötig, ist es auch für staatliche Stellen und Bedienstete zwingend notwendig im Rahmen der staatlichen Repräsentanz frei von jedem religiösem oder weltanschaulichem Bekenntnis zu sein.

  • Die Befreiung der Staatsrepräsentation von religiöser Symbolik: Die Verpflichtung des Staates zur religiösen Neutralität ist fundamental notwendig, um das Vertrauen in einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat zu erhalten. Zu keiner Zeit darf begründeter Zweifel an der weltanschaulichen Neutralität des Staates und möglicher Diskriminierung aufgrund religiöser Aspekte entstehen. Hierzu ist es unumgänglich, dass staatliche Stellen und Einrichtungen frei von jeder religiösen Symbolik sind. Ferner gilt auch für die ausübende Person eine besondere Pflicht die staatliche Neutralität zu beweisen. Im Rahmen der Amtsausübung öffentlicher und hoheitlicher Aufgaben muss für alle Beamten und Mitarbeiter des Staates gelten, dass keine Symbole gezeigt oder Aussagen getätigt werden, die eine weltanschauliche Prägung des Amtes oder der ausübenden Person erkennen lassen. Das Tragen und Zeigen religiöser Symbole muss für die Dienstzeit untersagt und durch geeignete Methoden verhindert werden. Eine entsprechende Verschärfung der Gesetzesvorschriften ist unumgänglich und muss bei erheblicher oder wiederholter Zuwiderhandlung sensibel geahndet werden.
  • Die vollständige Befreiung zur Abgabe von Glaubensbekenntnissen: Analog zum staatlichen Neutralitätsgebot, muss das Recht von Menschen gestärkt werden, zu keiner Abgabe eines Glaubensbekenntnisses aufgefordert, verpflichtet oder gezwungen zu werden. Bereits die Aufforderung durch staatliche Vertreter muss verboten werden. Ausnahmen können ausschließlich unter direkten und unumgänglichen Zusammenhang mit Vorgängen entstehen, die mittelbar der staatlichen Garantie zur Freiheit der Religionsausübung des Betroffenen selbst dienlich sind.
  • Die Entfernung des Gottesbezugs aus allen Eidesformeln: Neben der Streichung von Artikel 56 des Grundgesetzes, muss der Gottesbezug auch aus allen anderen Eidesformeln entfernt werden. Die Freiheit zum individuellen Glaubensbekenntnis des Beeideten bleibt unberührt.
  • Die Stärkung der freiheitlich-demokratischen Gesinnung: Für die Einstellung von Personen in den öffentlichen Dienst, das staatliche Beamtentum oder anderweitige Beschäftigungsverhältnisse im staatlichen Auftrag muss die Gesinnung und das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik im Sinne des Grundgesetzes höchste Priorität haben. Insbesondere in Bezug auf extremistische Religionsgemeinschaften (bspw. fundamentalistische Islamisten oder Evangelikalen) die die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen, muss es erleichtert werden deren Anhänger vom Staatsdienst jeder Art auszuschließen.

Kein Zehnt für Gott aus öffentlichen Geldern

Die erzwungene Erhebung und Verwendung von Geldern ist ein alleiniges staatliches Gut und muss gezielt der Bewältigung von Staatsaufgaben und dem gesamtgesellschaftlichen Interesse dienen. Bis heute genießen einige Kirchen jedoch das Privileg zu Festsetzung eigener Steuern, deren Erhebung noch dazu durch die Staatsgewalt vollzogen wird. Darüber hinaus werden erhebliche öffentliche Mittel für Religions- und Glaubensgemeinschaften zur Förderung einzelner Partikularinteressen zweckentfremdet. Die Finanzierung von Religions- und Glaubensgemeinschaften darf keine staatliche Aufgabe sein und auch in keiner Art & Weise der staatlichen Finanzierung ähneln, sodass sämtliche Finanzprivilegien an allgemeine private Gestaltungsformen anzupassen und die staatlichen Zuwendungen schnellstmöglich abzubauen sind.

  • Die strikte Ausgliederung der Kirchensteuererhebung: Das Privileg zur Steuererhebung muss allein dem demokratischen Staat zustehen. Um die Trennung von Staat und Kirche zu verfestigen, sowie die Diskriminierung gegen andere Glaubensgemeinschaften ohne Steuerprivilegien, muss das Recht zur Festlegung und Erhebung von Kirchensteuern vollständig abgeschafft werden. Gleichberechtigt zu nicht-privilegierten Religionsgemeinschaften und sonstigen privaten Organisationen und Gemeinschaften, steht es den Religionsgemeinschaften frei Ihre Finanzierung über die einschlägigen Möglichkeiten zu gestalten. Die Erhebung der Finanzierungsbeiträge darf hierbei allein die Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaften betreffen und muss eigenständig im Rahmen der privaten Rechtsmöglichkeiten durchgesetzt werden. Eine steuerliche Absetzbarkeit gezahlter Beiträge ist restlos abzuschaffen.
  • Die vollständige Abschaffung kirchlicher Subventionen und Zuschüsse: Immer noch leistet der Staat jährlich hunderte Millionen Euro an Subventionen und Zuschüssen, deren Grundlage sich ausdrücklich an die Religions- und Glaubensgemeinschaften richtet. Religionsausübung ist eine individuelle Entscheidung und keine förderungswürdige Tätigkeit. Entsprechend sollen sämtliche Zuwendungen, Subventionen und Zuschüsse, die sich explizit an Religions- und Glaubensgemeinschaften richten ersatzlos gestrichen und dauerhaft untersagt werden. Andere Zuwendungen, die sich auf Grundlage allgemeiner Bestimmungen gleichberechtigt mit anderen privaten Organisationen und Gemeinschaften, an kirchliche oder sonstige religiöse Gemeinschaften und Träger richten, sollen unberührt bleiben.
  • Die steuerrechtliche Gleichbehandlung mit privaten Gemeinschaften: Insgesamt sind Religions- und Glaubensgemeinschaften im gesamten Steuerrecht mit anderen privaten Akteuren gleichzustellen. Die steuerrechtlich relevante Bewertung hinsichtlich Profitinteressen, Gemeinnützigkeit oder sonstigen Aspekten, soll vollständig gleichbehandelt werden. Religiosität selbst soll weiterhin keine Gemeinnützigkeit begründen.
  • Die endgültige Abwicklung von finanziellen Altlasten: Weiterhin ist der Staat zu zahlreichen finanziellen Zuwendungen insbesondere an die katholische Kirche, aber auch andere Religionsgemeinschaften, verpflichtet. Es ist längst überfällig und seit Jahrzehnten angekündigt, dass sämtliche Altlasten die zu jährlichen Zahlungen verpflichten durch einmalige Abfindungseinigungen abgewickelt werden müssen.

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