EYou: Deine Zukunft im geeinten Europa

     
         

Die Wertegemeinschaft Europa steht vor großen Herausforderungen; allein deswegen kann die Wahl im Mai 2019 richtungsweisend sein. Als Generation, die von den heute gefällten Entscheidungen noch viele Jahrzehnte betroffen sein wird, müssen wir europäische Politik dahin setzen, wo sie hingehört: ganz nach oben. Dies ist nur möglich durch umfassendes Werben für die demokratischen Prozesse innerhalb der EU, politischen Streit und eine parlamentarische Diskussion, die über das viel zu häufige Ob der Union hinausgeht, und endlich das Wie fokussiert. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein möchten dazu einen Teil beitragen, deshalb formulieren wir unsere Thesen für Europa.

Europa mit Herz und Verstand
Wenn im Parlament viel zu oft die Existenz der Union diskutiert wird statt ihre Politik, zeugt das von einer Erschütterung der Grundfesten, die sich bis heute in der Europäischen Union fortgetragen haben: Nur die wenigsten Bürger fühlen sich vorrangig als Europäer, der eigene Nationalstaat ist weiterhin der Fixpunkt eines politischen Bewusstseins. Dabei gibt es vieles, das auch ein europäisches Gefühl begründen könnte; allein der Frieden ist einer der großen Verdienste der EU im vergangenen wie im aktuellen Jahrhundert. Als Junge Liberale fühlen wir uns als Europäer. Obwohl wir nicht blind Verantwortlichkeiten abgeben oder verteilen wollen, sind wir der festen Überzeugung, dass europäische Bürger sich als solche identifizieren können, ohne ihre Heimat leugnen zu müssen oder gar zu verlieren. Deswegen wollen wir uns auch selbst als überzeugte Europäer präsentieren: beispielsweise durch europäische Beflaggung, europäisches Merchandise, das eine EU-Symbolik mit der JuLi-Symbolik verbindet, und als Vertreter europäischer Interessen. Unser Verband muss ein schleswig-holsteinischer, deutscher und europäischer Verband sein. Dabei sind europäische Werte richtungsweisend: Sie sind untrennbar mit der Europäischen Union verbunden und daher zentraler Punkt unserer Politik, die akzeptieren muss, dass der weit überwiegende Teil ihres Handelns über die deutschen Grenzen hinauswirkt.

Struktur der EU
Die EU kann nur erfolgreich sein, wenn sie sich ihren Bürgern und damit demokratischen Prozessen gegenüber öffnet. Dazu ist es unweigerlich notwendig, dass die Mitgliedsstaaten gewisse Kompetenzen abgeben. Sollte dies nicht möglich sein, müssen auch wir uns gegenüber einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten öffnen, um kleine Schritte zu ermöglichen, anstatt im Großen und Ganzen stillzustehen. Wir wissen, dass sich ein bundesstaatlich verfasstes Europa aktuell nur schwer verwirklichen lässt, halten an diesem Ziel jedoch fest. Die gemeinsame, durch ein parlamentarisches Gremium zu erarbeitende und durch ein Referendum abzustimmende Verfassung muss eine massive Kompetenzstärkung des europäischen Parlaments als Volksvertretung vorsehen. Es soll schnellstmöglich zu einem Vollparlament ausgebaut werden, das eigene Gesetzesinitiativen aus seiner Mitte vorbringen kann. Statt eines für den Bürger schwierig zu durchschauenden bürokratischen Systems bedarf es dazu einer transparenten, demokratisch gewählten Regierung, die innerhalb ihrer Kompetenzen für die Bürger nachvollziehbar, ähnlich einer staatlichen Regierung, die Gesetze ausführt und die Freiheitsrechte der Bürger achtet. Der Europäische Rat sowie die Europäische Kommission sind in Anbetracht der neuen Kompetenzverteilung umzustrukturieren oder abzuschaffen.

Außen und Sicherheit
In der Außen- und Sicherheitspolitik sehen wir großen Handlungsbedarf. Als einziger integrativer Wirtschaftsraum, der mit den USA und China auf einer Ebene agieren kann, müssen wir unsere europäischen Interessen auch durch eine gemeinsame Außenpolitik forcieren und auf der Weltbühne vertreten. Gleichzeitig wissen wir, dass allein im Bereich der Verteidigung eine Angleichung von Waffensystemen, gemeinsame Ausbildungen und letztlich eine Weiterführung von PESCO als europäische Armee Jahrzehnte dauern werden – die europäische Verteidigungspolitik ist für uns daher eines der
Großprojekte, die wir im 21. Jahrhundert zu bestreiten haben. Zudem streben wir einen ständigen europäischen Sitz im UN-Sicherheitsrat an, für den Frankreich als dauerhaftes Mitglied oder Deutschland als nichtständiges Mitglied auf ihren Sitz beziehungsweise zukünftige Bewerbungen verzichten sollten. Außerdem sollen langfristig EU-Mitgliedsstaaten von EU-Botschaften im Ausland vertreten werden.

In der Erweiterungspolitik fordern wir Ehrlichkeit. Wenn ein Land klare Rückschritte während der Beitrittsverhandlungen macht, müssen die Verhandlungen auch abgebrochen werden. Im Zuge dessen fordern wir den sofortigen Abbruch der Verhandlungen mit der Türkei. Darüber hinaus sollen geografische Grenzen keine Grenzen für den Gedanken der EU darstellen. Auch um Europa liegenden Ländern soll die Hand gereicht werden, wenn sie die Werte der EU teilen und den Kopenhagener Kriterien entsprechen. Daher sollen bei entsprechendem Interesse auch mit Israel Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

Im Bereich des Freihandels fordern wir, dass die Liberalen sich stets zu den multilateralen Ansätzen bekennen. Deswegen muss die WTO wieder gestärkt werden. Hier muss auch das Boxensystem für Subventionen überarbeitet werden. Direktzahlungen dürfen nicht mehr als „nicht verzerrend“ klassifiziert werden. Solange noch kein effektiver multilateraler Welthandel umgesetzt wurde, sehen wir Freihandelsverträge als pragmatische Zwischenlösung. Dies bedeutet auf der einen Seite, dass solche Verträge künftig nur im EU-Parlament verabschiedet werden müssen und nicht noch in den Einzelstaaten. Auf der anderen Seite müssen Freihandelsverträge insbesondere gegenüber Entwicklungsländern fair bleiben. Das heißt, dass sie nicht durch Strafzölle zu einer Unterstützung gezwungen werden sollen. Darüber hinaus darf die EU nicht über die WTO-Vorgaben hinausgehende Forderungen in der Zollpolitik erheben und afrikanische Länder dazu zwingen, sich für die subventionierten EU-Agrarprodukte zu öffnen. Schließlich soll die EU ihre Handelspolitik hinsichtlich nicht-tarifärer Handelshemmnisse untersuchen lassen und diese abschaffen.

Finanzen
Die Finanzpolitik stellt eine der größten Herausforderungen der Zukunft dar, da einerseits der Anteil Großbritanniens wegfällt und andererseits die Frage europäischer Solidarität eng mit einem Vertrauensverlust in die EU verknüpft
ist. Die Jungen Liberalen fordern einen schnellen Ausbau der nationalstaatlichen Beiträge zur Kompensation des Brexits. Mittelfristig ist sogar die Unabhängigkeit der Union zu fördern, indem sie zur Erhebung einer eigenen Steuer berechtigt wird. Dazu böte sich beispielsweise ein Teil der Mehrwertsteuer an, deren Höhe bereits seit einiger Zeit in den Mitgliedsstaaten angenähert wird. Langfristig soll sich die EU so eigenständig finanzieren und die Beiträge der Mitgliedsstaaten wegfallen. Die bisherige Haushaltshöhe, die sich bei einem Prozent der wirtschaftlichen Leistung bewegt, ist durch diese Umstrukturierung massiv anzuheben, um auf internationaler Ebene ein ernsthaftes, auch finanzielles Gewicht der EU zu unterstreichen – wünschenswert wäre eine Steigerung auf 5% des BIP bis 2030. Wir befürworten die Schaffung eines gemeinsamen Finanzministeriums, das sich vor dem EU-Parlament zu verantworten haben wird und unterstützen den Grundsatz der finanziellen Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten. Ein Aufgeben dieses,
auch in den USA unter den Bundesstaaten gängigen, Prinzips würde für die EU eine massive Vertrauenskrise und schwere wirtschaftliche Schäden zur Folge haben.

Umwelt und Landwirtschaft
Die Agrarsubventionen machen einen weit überwiegenden Teil des aktuellen Haushalts aus. Als Junge Liberale lehnen wir auch weiterhin Subventionen in vielerlei Hinsicht ab – daher fordern wir ein kontrolliertes Abschmelzen der
Subventionen in verschiedenen Stufen bis 2035, um die Abschottung des europäischen Agrarmarktes sowie massive, fatale Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Afrika zu unterbinden. Wir wollen außerdem die Furcht vor Zukunftstechnologien abbauen und uns Tests gegenüber, wohlwissend über mögliche Risiken, weiter öffnen. Die bürokratische Belastung der Landwirte in der EU ist ernsthaft anzugehen, auch durch schnellere europäische Ansprechpartner in der Verwaltung. Ein Teil der freiwerdenden Mittel ist in Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz zu investieren, um in dem Pariser
Klimaabkommen als EU voranzuschreiten und, im Gegensatz zu den verhältnismäßig geringen Einflussmöglichkeiten einzelner Mitgliedsstaaten, auch gegenüber anderen Staaten, die eine starke Verschmutzung der Natur weiterhin verursachen, Druck ausüben zu können. Einheitliche, verlässliche Umweltstandards, bei deren Schaffung wir uns als Deutsche nicht in eine arrogante Rolle begeben dürfen, wären ein weiterer Nutzen einer europäischen Umweltpolitik.

Der Zertifikatehandel für den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen (CO2, CH4, FKWs, PFCs, N2O, SF6) ist ein marktwirtschaftliches Instrument, um dem Klimawandel auf liberale Art zu begegnen. Derzeit funktioniert dieses Instrument jedoch nur schleppend, da es zu viele Zertifikate und somit keinen Preisdruck gibt. Die Zahl der Zertifikate muss deshalb zügig reduziert werden. Zudem dürfen Zertifikate nicht zentral zugeteilt werden, sondern sind zu versteigern. Wir wollen schließlich darauf hinarbeiten, dass ein weltweiter Zertifikatehandel etabliert wird. Die Bereiche Verkehr und Landwirtschaft müssen in den Emissionszertifikatehandel integriert werden.

Migration
Der Infragestellung der offenen Grenzen in Europa ist durch eine vernünftige Migrationspolitik zu begegnen. Wir fordern daher eine gemeinsame Politik, die Humanität, Perspektive und Rechtsdurchsetzung verbindet. Dazu ist es entscheidend, dass bei der Aufnahme und Ablehnung von Flüchtlingen sowie der Einwanderung alle Staaten an einem Strang ziehen. Zentrale Staaten müssen notfalls durch Sanktionen zur Aufnahme von Flüchtlingen nach einem geltenden Schlüssel verpflichtet werden, um Italien, Spanien oder Griechenland zu entlasten. Gleichzeitig ist der europäische Grenzschutz zu verstärken sowie die Ankunftsstaaten zu unterstützen, um Verfahren besser durchführen zu können und vor Ort Aufnahme oder Rückführung zu ermöglichen. Angesichts eines europäischen Grenzschutzes und der stärkeren Unterstützung von Ankunftsstaaten bei der Verteilung durch alle europäischen Mitgliedsstaaten je nach Aufnahmekapazitäten lehnen wir einseitige Zurückweisungen von Flüchtlingen an nationalstaatlichen Grenzen ab. Die EU soll durch Abkommen und höhere finanzielle Mittel Unterstützung in entwicklungsschwachen Staaten leisten können. Außerdem sind Einwanderungsperspektiven zu forcieren: Europa muss zu einem Kontinent der Chancen für persönlichen und wirtschaftlichen Erfolg mit nachvollziehbaren rechtlichen Bedingungen werden. Ein europäisches Einwanderungsrecht ist hier die Perspektive. Innerhalb Deutschlands sehen wir eine rechtliche Differenzierung zwischen
Deutschen und Europäern ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Um Chancengleichheit für alle EU-Bürger zu fördern, fordern wir eine nachhaltige Stärkung der Rechte europäischer Ausländer in Deutschland, um unter anderem ihre Einbürgerung zu erleichtern.

Recht
Die verschiedenen Rechtsordnungen sind, insbesondere im Privatrecht, ein noch häufiges Handelshemmnis. Die Angleichung dieser verschiedenen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen stellt ein hochkomplexes Verfahren
dar. Wir unterstützen jedoch Initiativen, die eine bessere Transparenz durch Vereinheitlichung in sinnvollen Bereichen (beispielsweise im Handels- oder Arbeitsrecht) fördern, akzeptieren jedoch auch einen Wettbewerb der Rechtsordnungen, wie er beispielsweise im Strafrecht innerhalb bestimmter, verfassungsrechtlicher Grenzen funktioniert. Als gemeinsames Ziel betrachten wir eine gemeinsame Privatgerichtsbarkeit mit Geltung innerhalb der EU sowie eine Verwaltungsgerichtsbarkeit gegenüber den Organen der EU.

Bildung und Jugend
Durch Bildungs- und Austauschprogramme lernen Jugendliche schon früh die Vorteile Europas kennen. Dabei ist ERASMUS nur eines der wenigen herausragenden Erfolgsmodelle. Wir befürworten daher das europäische Interrailticket, dessen Herausgabe zu erweitern ist, sowie Möglichkeiten des Austausches an Schulen und Hochschulen. An Hochschulen wollen wir zudem die Förderung von Sprachkursen durch europäische Mittel forcieren. Insgesamt steht für uns die Bildungskompetenz zweifelsohne weiterhin im Bereich der Mitgliedsstaaten.
Zudem sollen Programme, die auf den nicht-akademischen Bereich abzielen (z.B. ERASMUS+), gefördert werden. Hierdurch soll die Zusammenarbeit von Schulen, Betrieben, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und Jugendverbänden unterstützt werden.

Brexit
Als Demokraten akzeptieren und bedauern wir das Votum der Briten gleichermaßen. Für uns sind vorrangig ein geordneter Austritt Großbritanniens und eine gleichzeitige Stärkung der EU entscheidende Themen, um auch weiterhin mit Großbritannien zusammenarbeiten zu können. Nach Möglichkeit ist ein Freihandelsabkommen zu schließen. Der Brexit wird auch für den Rest Kontinentaleuropas richtungsweisend sein: Wir haben jetzt die Chance, entweder zu resignieren oder näher zusammenzurücken und mit einer Stimme in den verschiedensten Bereichen zu sprechen. Für diese Chancen wollen wir im Sinne der Europawahlen werben und auch nach dem Austritt Großbritanniens daran festhalten.

Soziales
Die European Disability Card der EU-Kommission soll endlich in eine einheitliche europäische Regelung für Behindertenausweise münden, um die Möglichkeiten der Betroffenen für den interkulturellen Austausch und die Integration zu verbessern. Dabei sollen einheitliche Regelungen gefunden werden, die in jedem Mitgliedsstaat identisch sind, um eine größtmögliche Verlässlichkeit zu schaffen. Im Vordergrund dieser Regelungen steht die Zugänglichkeit von Kultur, Freizeit und Sport. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Möglichkeit für Blinde, unentgeltlich Begleitpersonen in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzunehmen. Im Ergebnis wollen wir eine generelle Erleichterung im Sinne von Gleichbehandlung und Teilhabe.