Ein Update für unser Schulsystem

A – Agenda Schule 2035
Die Schule der Zukunft muss jedem Einzelnen das Rüstzeug mitgeben und die Kompetenzen vermitteln, die ihm ermöglichen, seine individuellen Potentiale voll auszuschöpfen und das zu werden, was er will. Wir brauchen ein Update für unsere Schulen, damit sie Schülerinnen und Schüler nicht länger auf eine Welt vorbereiten, die es nicht mehr gibt.

Bildung ist unser wichtigster Rohstoff. Schulen sind einer der zentralen Orte, an denen dieser Rohstoff gefördert wird. Wir müssen ihnen deshalb endlich den Stellenwert einräumen, den sie verdienen. Eine veraltete Ausstattung, überholte Lern- und Lehrkonzepte, mangelnde Vergleichbarkeit und eine praxisferne Lehrerausbildung sind akute Probleme des Betriebssystems Schule. Das altersschwache Schulsystem wurde durch das Corona-Virus im vergangenen Jahr vollständig lahmgelegt und in einen Limbus zwischen „Kreide“-Zeit und Digitalzeitalter versetzt.

Mit der Agenda Schule 2035 verpassen wir unseren Schulen das benötigte Update. Mit diesem tragen wir dazu bei, dass Bildungserfolg nicht mehr von der Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern abhängt. Wir wollen individuelle Stärken besser fördern und dafür sorgen, dass Schwächen gezielt ausgeglichen werden.

Das aktuelle Bildungssystem in Schleswig-Holstein mit all seinen unterschiedlichen Schulformen ist bei Weitem nicht perfekt. Mit einem Politikwechsel in der Landesregierung ging oftmals eine Neuausrichtung der Gliederung des Schulsystems einher. Dies führte vor allem zu Unsicherheiten bei Schülern, Eltern und Lehrern und nicht zu den angestrebten Verbesserungen im Bildungssystem. Wir wollen mit Reformen daher nicht bei einer erneuten Gliederung des Schulsystems ansetzen, sondern in den Bereichen Lehrerausbildung, Kompetenzvermittlung und Digitalisierung. Unsere Vorschläge zielen darauf ab, die Qualität der Bildung im Land nachhaltig zu verbessern und gleichzeitig Schulen, Lehrkräften und Schülern mehr Freiheiten und Gestaltungsspielraum zu ermöglichen. Ein transparenter Leistungswettbewerb, insbesondere zwischen weiterführenden Schulen, kann die Qualität des Bildungswesens verbessern.

Hierzu fordern wir:
• Ausgaben für Bildung bei der Priorisierung einen höheren Stellenwert einzuräumen. Sparmaßnahmen im Bildungshaushalt dürfen nur als Ultima Ratio vorgenommen werden.
• mehr Autonomie für die Schulen. Jede Schule soll sich ein eigenes Profil geben und Personal, Lehrmittel und Lehrmethoden selbst auswählen können. Hierzu bekommt jede Schule ein eigenes Budget, welches sie flexibel einsetzen kann.
• die Finanzierung von Schulen in ein Bildungsgutschein-Modell umzuwandeln: Die Schule erhält einen bestimmten Betrag pro Schüler, über den sie eigenverantwortlich verfügt. Hinzu kommt ein Sockelbetrag, der das Überleben von Schulen gerade im ländlichen Raum ermöglicht. Der Wert der Bildungsgutscheine variiert nach Alter und Bedarf.
• an jeder Schule soll eine optionale Nachmittagsbetreuung angeboten werden.
• ein funktionierendes Beratungs- und Unterstützungsangebot aus Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern und Beratungslehrern an den Schulen zu etablieren.
• den Gymnasien im Land weiterhin die Möglichkeit zu geben, zwischen achtjährigen (G8) und neunjährigen Bildungsangeboten (G9) zu wählen.

Lehrkräfte
Ein zentraler Baustein für den Lernerfolg sind gut ausgebildete und motivierte Lehrkräfte. Hierbei ist eine qualitativ hochwertige und gleichzeitig praxisnahe Ausbildung der Lehrkräfte von zentraler Bedeutung.
Aktuell übernehmen viele Lehrkräfte neben ihrer reinen Lehrtätigkeit weitere Aufgaben. Lehrkräfte sollten sich in Zukunft wieder auf ihre Kerntätigkeiten fokussieren können. Dies ist nicht nur der Steigerung der Qualität des Unterrichts dienlich, sondern verbessert auch die Attraktivität des Berufs.

Hierzu fordern wir:
• das Lehramtsstudium perspektivisch in ein praxisintegriertes duales Studium umzuwandeln, damit angehende Lehrkräfte bereits ab Studienbeginn Lehrerfahrung sammeln können. Hier soll fordern wir die Einrichtung eines Pilotprojektes für ein solches duales Studium, das gleichwertig mit dem aktuellen Universitätsstudium sein soll. Duale Studenten können den Lehrkräfte unterstützen (z.B. bei der Korrektur von Leistungsnachweisen), Unterrichtsausfälle abfedern und bei der individuellen Förderung der Schüler mitwirken.
• Bis ein solches duales Studium flächendeckend umgesetzt ist, soll es die Möglichkeit geben, Lehrkräfte in Ausbildung und andere Hilfskräfte für unterstützende Tätigkeiten, wie z.B. Korrekturen zu beschäftigen.
• den Lehrermangel an den Schulen im Land – insbesondere an den Grundschulen – bekämpfen. Dafür müssen wir den Lehrerberuf attraktiver machen und dafür sorgen, dass Absolventen nach dem Studium im Land bleiben. Hierzu wollen wir die zeitweilige Arbeitslosigkeit von Vertretungslehrern und Referendaren über die Sommerferien beenden.

Abschlüsse, Noten und Vergleichbarkeit
Schulabschlüsse innerhalb Deutschlands müssen vergleichbar sein. Hinter dem jeweiligen Schulabschluss müssen erworbene Fertigkeiten stehen, die Lehrpläne und Prüfungen müssen an diese Anforderungen flächendeckend angepasst werden. Ein Gymnasialabschluss soll einer Hochschulbefähigung entsprechen, der mittlere Schulabschluss muss zur Aufnahme der überwiegenden Anzahl von Ausbildungsberufen befähigen. Der erste Schulabschluss ist ein Nachweis für grundlegende Fertigkeiten in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen.
Außerdem muss das Benotungssystem die tatsächlichen Leistungen repräsentieren, was durch das aktuelle Ü-Noten-System nicht der Fall ist.

Hierzu fordern wir:
• mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem. So sollen die Abschlüsse an den Schulformen nach dem Kredo „Kein Abschluss ohne Abschluss“ jeweils zum Anstreben des nächst höher gelegenen Bildungsabschlusses befähigen. Hierzu sollen Lehrpläne soweit möglich aufeinander abgestimmt und, falls erforderlich Aufbaukurse geschaffen werden, um einen Wechsel so einfach wie möglich zu gestalten.
• eine verpflichtende Beratung im Sinne einer Schulartenempfehlung in der 4. Klasse.
• die Bewertung von Leistungen an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe auf einer einheitlichen Notenskala (grundlegendes Anforderungsniveau). Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe sollen zwei Leistungsniveaus anbieten (grundlegendes Anforderungsniveau und erhöhtes Anforderungsniveau), zwischen welchen sich die Schüler entschieden können. Die Bewertung in der Oberstufe erfolgt weiter auf erhöhtem Anforderungsniveau.
• einheitliche schriftliche Abschlussprüfungen für alle Schulabschlüsse. Insbesondere ein bundesweites Zentralabitur mit gleichen schriftlichen Prüfungen in allen der an Bundesländern.
• Klausuren in Abschlussklassen sollen wie an Universitäten bereits üblich anonym bewertet werden.
• Noten als Leistungsnachweise ab der 3. Klasse beizubehalten. Bewertungsbögen als einzige Leistungsnachweise ab der 3. Klasse sind abzuschaffen.

Lerninhalte und Kompetenzen
Durch die Möglichkeiten im digitalen Zeitalter wird die Lehrkraft immer mehr zum Lernbegleiter. Die Vermittlung von Lernstrategien sollte zum grundlegenden Inhalt werden.
Es gilt, grundlegende Kompetenzen, wie Rechtschreibung und Grammatik, Textverständnis und -produktion, Rechnen und analytisches Denken zu vermitteln und über die Schulzeit zu festigen.

Hierzu fordern wir:
• den Aufgabentypus für Leistungsnachweise umzugestalten: hier sollte es vielmehr um das Lösen der Aufgaben mit den vermittelten Kompetenzen gehen, als um die Abfrage von Fakten.
• Klassische Lerninhalte können mit neuen Formaten vermittelt werden. Die Vermittlung von Faktenwissen, soll unter der Anwendung von Technologien geschehen, die längst Alltag sind. Hierzu gehören die Produktion und Verarbeitung von Bildern und Videos, Tonaufnahmen und andere digitale Formate.
• das Curriculum nicht weiter mit immer mehr Lerninhalten aufzublähen. Vielmehr sollte dieses entschlackt und mehr Wahlfreiheit ermöglichen. Hierbei kann jede Schule über ihr Profil einen eigenen Schwerpunkt setzen.

Schulen der Zukunft:
Der Lernortschule muss im 21. Jahrhundert ankommen und die Schüler auf einen erfolgreichen Einstieg in ein selbstständiges Leben vorbereiten. Hierzu gehört nicht nur die Vermittlung von Fertigkeiten für die weitere Ausbildung, sondern auch eine Vorbereitung auf das gesellschaftliche Leben und den beruflichen Werdegang. Dazu mangelt es in unserem Schulsystem häufig an Praxis. Eine verstärkte Kooperation zwischen Schulen und Unternehmen, aber auch Forschungseinrichtungen oder anderen Partnern, kann einen praxisnäheren Schulalltag ermöglichen.
Schulen sollen auch räumlich zu Lernorten der Zukunft werden. Je nach Profil können diese Lernräume ganz unterschiedlich gestaltet werden. Beispielsweise können analoge und digitale Werkstätten, in welchen es die Möglichkeit gibt Videos zu schneiden, digitale Fotographie zu lernen etc. eingerichtet werden. Hierbei soll Schulen ein größtmögliches Maß an Freiheit eingeräumt werden.
Zudem wollen wir den Schulen die Möglichkeit geben, sich mehr in das gesellschaftliche Leben vor Ort zu integrieren.

Hierzu wollen wir:
• Innovationsfonds zur Finanzierung von innovativen Schulversuchen bereitstellen, um den sich staatliche und freie Schulen unbürokratisch bewerben können. Die Genehmigung von Schulversuchen wollen wir vereinfachen.
• ehrenamtliche Tätigkeiten besser in den Schulalltag einbinden. Einzelne Kurse oder Bestandteile der Grundausbildung der Feuerwehr oder des Deutschen Roten Kreuzes können als Wahlfach oder im Rahmen des Ganztags angeboten werden.
• die Kooperationen mit Sportvereinen stärken. Hierzu soll möglich sein, dass ab der 8. Klasse Sportkurse in Vereinen als Alternative zum regulären Sportunterricht gewählt werden können. Um eine entsprechende Qualität sicherzustellen, muss das externe Sportangebot von einem ausgebildeten Trainer (mind. Trainer C-Lizenz) angeboten werden.
• Die Kooperation zwischen Unternehmen und Schulen verstärkt ermöglichen. Hierzu soll an allen Schulformen die Möglichkeit für Gastunterricht von Personal aus der Wirtschaft und Wissenschaft eingeführt werden, um einen praxis- und berufsnahen, sowie vielseitigen Unterricht zu ermöglichen.
• regionalen Bildungsstätten errichten, in denen Schüler ergänzend zum Unterricht praktische Einblicke in MINT-Themen und dazugehörige Berufsbilder erhalten können.
• die Qualität der Berufsorientierung an den Schulen durch Praktika, Ausbildungsbotschafter und Einblicke in die Praxis der Betriebe verstärken.
• einen besseren schulübergreifenden Austausch und einen Austausch der Lehrkräften untereinander ermöglichen. Hierzu soll ein regelmäßiger Austausch auf Ebene der Schulleitung, aber auch zwischen den Fachlehrern im Rahmen einer halbjährig stattfindenden Schulleiter- beziehungsweise Fachlehrer-Forums eingerichtet werden.

B – Bildung digital
Die Gegenwart wird digitalisiert- die Zukunft ist digital. Um Schülerinnen und Schüler adäquat auf den Arbeitsmarkt und das Leben der Zukunft vorzubereiten, bedarf es einer digitalen Revolution im Schulsystem. Gleichzeitig bietet die digitale Bildung eine noch bessere Möglichkeit individuelle Stärken zu fördern und Lernschwächen auszugleichen, ohne dass hierfür mehr Lehrpersonal benötigt wird.
Das Ziel, Schulen digitalisieren zu wollen, ist im Parteienspektrum weitestgehend Konsens. Hier geht es nicht um das „ob“, sondern, vielmehr um das „wie“.

Der Erfolg der Digitalisierung unseres Schulsystems hängt maßgeblich von der technischen Ausstattung der Schulen und der digitalen und mediendidaktischen Kompetenzen der Lehrkräfte ab. Um die Voraussetzungen zu schaffen, setzen wir auf die Bündelung von Kompetenzen in Form einer Landeszentrale für digitale Bildung. Diese soll Lehrerfortbildungen anbieten; Ansprechstelle für Systemadministratoren sein, beim Softwaremanagement unterstützen und Medienkompetenztage anbieten. Für die zusätzliche Angebote im Bereich der IT (Robotik-AGs oder Hackathons) sollen Kooperationen mit lokalen Unternehmen möglich sein.

Der Zugang zu digitaler Bildung muss unabhängig vom Einkommen der Eltern sein. Dazu gehört es sicherzustellen, dass die Bereitstellung von digitalen Endgeräten für alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines festgelegten Qualitätsstandards und eine zuverlässige und leistungsfähige Internetverbindung zu Hause sowie in geeigneten LernraumLernräumen am Schulstandort außerhalb des Unterrichts gegeben ist.
Zielführend ist hier die Etablierung einer „Bring-Your-Own-Device-Mentalität“ in Verbindung mit einem Unterstützungsfond für sozial benachteiligte Familien. So bekommen die Erziehungsberechtigten auf der einen Seite die Möglichkeit – im Rahmen der Lernmittelfreiheit – sich für das aus Ihrer Sicht geeignetste Endgerät zu entscheiden. Auf der anderen Seite haben Schülerinnen und Schüler mit sozial benachteiligtem Hintergrund die Möglichkeit, ein qualitativ gleichwertiges Endgerät zu nutzen und gleichzeitig über eine stabile Internetverbindung zu Hause zu verfügen, welche über die Ausstattung mit einem Internetstick oder SIM-Karten in Tablets mit Cellular-Funktion gewährleistet wird. Finanzierbarer macht dieses Modell der Umstand, nicht mehr für alle Schülerinnen und Schüler Endgeräte anschaffen zu müssen, sondern
einen gezielten Fond zu errichten.

Wir werden:
• eine Landeszentrale für digitale Bildung einrichten.
• dafür sorgen, dass die Einrichtung, Wartung und Betreuung der technischen Ausstattung der Schulen nicht mehr in den Händen der Lehrkräfte allein liegt. Hierzu wollen wir einen digitalen Hausmeister (Systemadministrator) an jeder Schule etablieren. Alternativ können auch qualifizierte externe Dienstleister diese Funktion übernehmen. Eine solche Qualifikation kann durch die Landeszentrale für digitale Bildung übernommen werden.
• digitale und mediendidaktische Kompetenzen zum obligatorischen Bestandteil des Lehramtsstudiums machen und verpflichtende Lehrerfortbildungen in diesem Bereich einführen. Der Einsatz und Umgang mit digitalen Lernplattformen ist dabei elementar.
• Medienkompetenztage flächendeckend an allen Schulformen etablieren.
• Medienbildung und den kritische Umgang mit digitalen Medien zum festen Lerninhalt machen, indem neue Formate und digitale Medien Einzug in den Unterricht
• schnelles Internet an jede Schule bringen.
• adäquates WLAN an allen Schulen einrichten.
• jede Schule mit zeitgemäßer und anforderungsgerechter Hard- und Software ausstatten.
• geeignete Lern- und Arbeitsräume mit Internetzugang auch außerhalb der Schule zur Verfügung zu stellen.
• uns auf Bundesebene für die Aufnahme von digitalen Endgeräten in die Leistungskataloge der Sozialgesetzbücher einsetzen, um jedem Schüler die Möglichkeit zu geben am Unterricht der Zukunft teilzunehmen.
• uns dafür einsetzen, dass Schulbücher, die im Schulkanon vorgesehen sind, außer in begründeten Ausnahmefällen (z.B. Klausurrelevanz), nicht verpflichtend analog gekauft werden müssen, wenn diese stattdessen digital erworben werden können.
• es jedem Schüler ermöglichen das Fach Informatik ab der 8. Klasse zu belegen. Wenn keine Lehrkraft an der Schule zur Verfügung steht, soll dies durch digitalen Unterricht über die Landeszentrale ermöglicht werden.
• einen Pool von digitalen Lehrkonzepten über die Landeszentrale zu Verfügung stellen, die von Schulen abgerufen und bedarfsabhängig angepasst werden können.
• eine digitale Plattform zum Austausch von Lehrkräften anbieten. Auf dieser können Unterrichtsideen und Lehrmaterialien ausgetauscht werden können, aber auch gegenseitige Schulbesuche und gemeinsame Projekte initiiert werden.
• die Einführung einer einheitlichen Schulverwaltungssoftware abschließen.
• Ein landesweite Software zur Erstellung von Zeugnissen einführen und Zeugnisse in digitaler Form zur Verfügung stellen. Die Einführung einer bundesweiten Software durch die govdigital zur Erstellung von
Zeugnissen und der Ermöglichung von maschinenlesbaren digitalen Zeugnissen – neben
dem Zeugnis aus Papier – begrüßen wir ausdrücklich.
• durch die Landeszentrale standardisierte Produkt- und Dienstleistungsangebote anbieten, die die Anforderungen des Datenschutzes, des Urheberrechts und der Schnittstellenkompatibilität benutzerfreundlich umsetzen.
• auf den Einsatz von Geräten und Software, die von Staatsunternehmen der VRCh hergestellt und vertrieben werden, verzichten. Wir setzen hier verstärkt auf die Verwendung von Freier/Libre und Open Source Software (FLOSS).

C – Corona-Folgen bewältigen
Die Corona-Pandemie hat zu einem Ausfall unzähliger Stunden des Präsenzunterrichts an den Schulen des Landes geführt. Quasi über Nacht musste zur Pandemiebewältigung landesweit Homeschooling eingeführt und Online-Unterricht etabliert werden. Die Pandemie hat hier ungeplant wie eine flächendeckende Fortbildungsmaßnahme im Bereich der Digitalisierung der für das Schulsystem gewirkt. Es hat sich aber auch gezeigt: ohne Präsenzunterricht geht es nicht.
Heute hätten wir uns gewünscht, besser auf eine solche Krisensituation vorbereitet gewesen zu sein. Es gilt nun, diese Erkenntnisse zu nutzen und für eine Verbesserung des Schulsystems gerade im Bereich der digitalen Bildung zu nutzen.
Trotz aller Bemühungen ist das vergangene Schuljahr ein „verlorenes Jahr“ für viele Schüler. In den vergangenen Monaten lag der Fokus vor allem auf einer Betreuung der Abschlussklassen. Diese konnten einen Teil der Unterrichtsstunden im Wechselunterricht wahrnehmen. Lerndefizite sind vor allem in den unteren Jahrgängen entstanden. Vor allem in den Sprachen und Naturwissenschaften, in denen Lerninhalte aufeinander aufbauen, können sich so entstandene Lücken nachhaltig auf die Bildungserfolg in den kommenden Jahren auswirken. Daher muss es nun oberste Priorität haben, entstandene Defizite durch eine Evaluation zu erkennen, auszugleichen und zu beheben. Die durch Corona bedingten Unterrichtsausfälle dürfen keine langfristigen Schäden in der Bildungsbiographie von Schülern hinterlassen.

Wir fordern:
• eine Evaluation des Lernfortschrittes bei allen Schülern durch vergleichende, digitale Test am Ende des Schuljahres, um durch die Pandemie entstandene Defizite zu erkennen.
• kurzfristig flächendeckend Maßnahme zu etablieren, um erkannte Lerndefizite auszugleichen. Hierzu bedarf es individuell passender Angebote und Wahlmöglichkeiten für die Schüler.
• ein Buddy-System zwischen Schulen und Universitäten im Land zu etablieren. Hierzu sollen angehende Lehrkräfte, aber auch Studenten anderer Fachrichtungen jüngere Schüler in regelmäßigen Abständen digital oder in Präsenz bei den Hausaufgaben betreuen oder bei der Vorbereitung auf Prüfungen unterstützen. Die Bezahlung sollte von Fall zu Fall unterschiedlich und individuell ausgehandelt werden, darf aber pro Stunde nicht unter dem Mindestlohn liegen. Für Familien, die Sozialhilfe beziehen, stellt das Land SH einen Zuschuss zur Verfügung. Etwaige Differenzen zum ausgehandelten Lohn oder Mehrbedarf an Stunden sind durch die Familien in Form von Eigenbeteiligung zu decken. Da nicht alle Orte in SH über eine anliegende Uni verfügen, sollte gerade in Schulen in der Fläche aktiv beworben werden, das Angebot digital wahrzunehmen.
• Ferienkurse und Intensivlernprogramme an den Schulen in den Ferien anzubieten.

Kostenlose Periodenartikel an Bildungseinrichtungen

Die Jungen Liberalen SH sind der Überzeugung, dass Periodenartikel an öffentlichen Bildungseinrichtungen kostenlos zur Verfügung stehen sollten. In Ländern wie beispielsweise England oder Neuseeland ist dies bereits der Fall. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern daher: Die kostenlose Bereitstellung von Periodenartikeln in öffentlichen Bildungseinrichtungen. Das Land Schleswig-Holstein stellt die zur Finanzierung zusätzlich nötigen Mittel, für die öffentlichen Schulen und Hochschulen, aus dem Landeshaushalt bereit.

Antisemitismus in Deutschland klar benennen

Die Landesregierung wird dazu aufgefordert, mehr finanzielle Mittel bereitzustellen, um mehr Forschungsarbeit im Bereich der antisemitischen Straftaten zu leisten. Dabei soll es insbesondere um eine feinere Unterscheidung zwischen religiös und politisch motivierten Straftaten gehen. Auch soll es möglich sein, die Urheber und ihre Weltbilder in Zukunft klar zu identifizieren. Entsprechende Ergebnisse sollen in den Ausbildungsalltag der Polizei einfließen.

Störung von Gottesdiensten entkriminalisieren!

Das deutsche Strafrecht sieht für die mutwillige Störung von Gottesdiensten aktuell eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Deshalb fordern die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein die ersatzlose Streichung des §167 Nr. 1 Abs. 1 StGB. Der Tatbestand soll stattdessen als Ordnungswidrigkeit geführt werden. Eine Kriminalisierung lehnen die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein ab.

Leihmutterschaft in Deutschland ermöglichen

Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern eine Legalisierung der Leihmutterschaft und der damit verbundenen Eizellspende in Deutschland. Eine Leihmutterschaft kann es Paaren, die aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen können, den sehnlichen Wunsch nach einem Kind erfüllen. Viele Paare wünschen sich über die Möglichkeit der Adoption hinaus, auch die Option, durch eine Leihmutterschaft genetisch verwandten Nachwuchs zu bekommen. Die aktuelle Gesetzeslage verbietet dies und zwingt Betroffene sich ihren Wunsch im Ausland zu erfüllen, sofern sie über die finanziellen Möglichkeiten verfügen. Eine Legalisierung in Deutschland würde somit Anreize entfernen, eine Leihmutterschaft in Staaten mit geringfügiger rechtlicher Absicherung für Mutter und Kind durchzuführen. Wissenschaftliche Studien haben belegt, dass die Leihmutterschaft keine nachteiligen Folgen auf die Entwicklung des Kindes hat.

Daher fordern wir:
Die Legalisierung der Leihmutterschaft im nicht-kommerziellen, sowie kommerziellen Sinne. Bei dieser Form wird zwischen den Wunscheltern und der austragenden Leihmutter eine Vergütung für die Austragung vereinbart.

Hierbei gilt es einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der die Ausnutzung finanzieller Notlagen von Frauen verhindert. Um nach Befruchtung auftretende rechtliche Unsicherheiten zu verhindern, müssen die Wunscheltern, sowie die Leihmutter vor der Befruchtung der Eizelle eine schriftliche und notariell beurkundete Elternschaftsvereinbarung abgeschlossen haben.

Keine Propaganda in deutschen Medien

Die jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern eine Kennzeichnungspflicht für fremdfinanzierte Inhalte, so wie sie auch für „Social Media“ von der Bundesregierung vorgesehen ist. Diese muss während der gesamten Sendungszeit der fremdfinanzierten Inhalte sichtbar sein. Zudem soll angesichts der Bemühung durch die KPCh in deutschen Medienraum ein groß angelegter Appell an die chinesische Regierung gerichtet werden, dass auch deutsche Medieninhalte etwa aus der Deutschen Welle nicht mehr zensiert werden. Sofern diese Zensur nicht zurückgenommen wird, sollen Sanktionen gegen Personen in China umgesetzt werden, die für die Zensur zuständig sind.

Recht auf Trauerurlaub

Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern die Ausdehnung der Anwendbarkeit der aktuellen gesetzlichen Regelungen zum Trauerurlaub für den Fall im Falle einer Fehlgeburt für Schwangere sowie ihren Partner. Für den Partner soll zudem derselbe Anspruch bei einer Totgeburt bestehen. Beide Betroffene sollen so die Möglichkeit erhalten, den Verlust zu verarbeiten und sich mental zu erholen.

Begründung:
Aktuell besteht in Deutschland eine rechtliche Trennung zwischen den Folgen einer Tot- und einer Fehlgeburt. Im Falle einer Totgeburt, also wenn das Geburtsgewicht mindestens 500 Gramm beträgt oder die Geburt ab der 24. Schwangerschaftswoche eintritt, hat die Mutter einen Anspruch auf Mutterschutz und darf ohne ärztliches Attest ihre berufliche Tätigkeit nicht wiederaufnehmen. Anders ist es im Falle einer Fehlgeburt. Ab der 12. Woche dürfen Schwangere nicht gekündigt werden, ihnen steht jedoch kein Mutterschutz oder eine Form von Sonderurlaub zu. Die Familien können bei entsprechenden physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ein Attest vom Arzt erhalten.

Mit unserer Forderung wollen wir einen erweiterten Schutz bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Schwangerschaft er möglichen. Die pauschale Regelung soll der Schwere des Verlusts Rechnung tragen und eine Rechtfertigung bezüglich der individuellen Auswirkungen entbehren.

Zudem soll der Schutz gleichberechtigt gelten, da die psychische Belastung für beide Betroffene gleich schwer sein kann und eine gemeinsame Verarbeitung wichtig ist.

Anmerkung der Programmatik: Die Begründung wurde nicht mitbeschlossen, wird hier aber zur besseren Verständlichkeit aufgeführt.

Kampfansage an den militanten Tierschutz

Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern, dass die Maßnahmen Tierschutzvereinigungen verschärft werden. In einem Rechtsstaat darf der Zweck die Mittel nicht heiligen. Tierschutz darf nicht unter dem Deckmantel der Verbrechensaufklärung verübt und dadurch politisch motivierte Gewalt gerechtfertigt werden.
Dafür soll zum einen die Gemeinnützigkeit entsprechender Körperschaften überprüft und gegebenenfalls aberkannt werden. Verstoßen die Körperschaften bei der Verfolgung ihres gemeinnützigen Zwecks gegen das geltende Strafrecht oder rufen zu einem Rechtsbruch auf, muss dies zum Wegfall der Steuerbegünstigungen führen. Zudem muss der Gesetzgeber dafür sorgen, dass schwerwiegendes Fehlverhalten im Auftrag des Vereins diesem auch zugerechnet und Finanzämter darüber informiert werden. Dies dient auch dem Schutz und der Stärkung tatsächlich gemeinnützig agierender Organisationen.
Darüber hinaus soll eine gesonderte Erfassung von Stalleinbrüchen in der Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein erfolgen, um die Informationslage zu verbessern. Gleiches gilt für die Zerstörung von Eigentum, welches in Zusammenhang mit der Jagdausübung steht.
In Extremfällen, wie zum Beispiel der Animal Liberation Front oder ihren Untergruppen, soll zudem überprüft werden, ob diese als terroristische Vereinigung einzustufen sind.
Wir erkennen an, dass die Einhaltung der Tierschutzstandards nicht ohne regelmäßige und auch strenge Kontrollen gewährleistet werden kann. Diese müssen jedoch zum Schutze des Persönlichkeitsrechts und des Privateigentums durch den Staat erfolgen, nicht durch die Selbstjustiz einzelner Gruppen.
Deshalb schlagen wir vor, dass die Veterinärämter entsprechend personell und finanziell so ausgestattet werden, dass sie Höfe regelmäßig kontrollieren können. Dies sollte im besten Fall in einem zeitlichen Abstand von mindestens einmal in fünf Jahren auf einem Hof erfolgen.

5G schnell und SICHER ausbauen – ohne Huawei

Der schnelle und flächendeckende Ausbau von 5G ist entscheidend für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Trotz dieser Dringlichkeit darf die Bundesregierung die digitale Sicherheit seiner Bürger und Unternehmen nicht durch eine Beteiligung von Huawei, das untrennbar mit dem menschenrechtsverletzenden Überwachungsregime der Kommunistischen Partei Chinas verbunden ist, gefährden.

Denn 5G wird das Leben in unzähligen Bereichen massiv verändern, ob autonomes Fahren, voll automatisierte Logistiksysteme oder die Steuerung der privaten Smart Homeanwendungen. Dieses massive Entwicklungspotenzial verstehen wir als Chance für Fortschritt und Entwicklung, um diese Chance nutzen zu können, muss die digitale Sicherheit gewährleistet sein. Daher ist die unverantwortliche Bedrohung dieser Sicherheit durch eine Beteiligung von Huawei am 5G Ausbau zu verhindern. Deutschland darf sich nicht abhängig und erpressbar von einem autokratischen China machen.

Daher fordern die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein einen sofortigen Ausschluss des Unternehmens Huawei vom Ausbau der 5G Technologie in Deutschland. Wir sind überzeugt, dass ein schneller umfassender 5G Ausbau mit europäischen Unternehmen möglich und erfolgreich sein wird. Um in Zukunft digitale Sicherheit zu gewährleisten, fordern wir, dass die Vergabe von sicherheitskritischen Infrastrukturaufträgen an sicherheitspolitische Kriterien gekoppelt wird. Dadurch wird das digitale Wirtschafts- und Privatleben langfristig vor Sabotage und Spionage geschützt.

Wissenschaft verständlich machen!

Viele politische Entscheidungen werden aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen. Der Wissenschaft kommt somit eine große gesellschaftliche Verantwortung zu. Die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse und Ergebnisse unter Wissenschaftlern ist ebenso wichtig wie die gegenüber der Bevölkerung. Um heutzutage Fake-News von Wahrheit, schlichte Behauptungen von Fakten trennen zu können, muss sowohl faktenbasiert als auch verständlich kommuniziert werden. Aktuell ist es nicht Teil der Arbeit von Wissenschaftlern und Forschern, die breite Öffentlichkeit aufzuklären- die Arbeit an Wissenschaftskommunikation kostet viel Zeit, welche derzeit nicht entlohnt wird und so keine Anreize hat. Über aktuelle Sachstände und Erkenntnisse zu berichten, ist schwierig, da Medien, welche an eine breite Öffentlichkeit gerichtet sind, oft zu wenig Raum für die verständliche und korrekte Erklärung (hoch)komplexer Gegebenheiten lassen. Die erhöhten Gelder sollen auch von Instituten/Kollegen in diesen Bereichen abrufbar sein, die sich mit entsprechenden Themen befassen.

Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein wollen Wissenschaft und Forschung Anreize zur Wissenschaftskommunikation bieten und fordern hierzu im Einzelnen:

1.Förderungen über jährliche Themenschwerpunkte hinaus
Derzeit wird jährlich auf Initiative des BMBF das Wissenschaftsjahr mit einem Schwerpunktthema ausgelobt. Forscherinnen und Forscher, welche in diesem Bereich tätig sind, können für die Kommunikation ihrer Arbeit Gelder erhalten. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein sprechen sich dafür aus, einen Wissens-Fonds auszuloben, aus welchem Gelder für die Wissenschaftskommunikation bezüglich gesellschaftlich und politisch relevanter Forschungsthemen nach erfolgreicher Bewerbung ausgeschüttet werden.

2.Wissenschaftskommunikationsförderung „Horizon 2020“: Nachfolgeprogramme stärken.
Die Europäische Union fördert mit dem Wissenschaftskommunikationförderungsprogramm  „Horizon 2020“ bis zu eben diesem Jahr unterschiedliche Forschungen und Arbeiten, um  diese transparent zu gestalten. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein sprechen sich  dafür aus, die Nachfolgeprogramme – wie bereits vom Europäischen Parlament gefordert – mit mehr Geld auszustatten, um der für Europa besonderen Bedeutung der Wissenschaft gerecht zu werden.

Unsere Sprache stößt an ihre Grenzen

Die Jungen Liberalen sind der Überzeugung, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und dass die Meinungsfreiheit sowie die Möglichkeit, sich so auszudrücken, wie man es möchte, zentrale Säulen für eine liberale Demokratie sind. Aus diesem Grund fordern wir, dass es keine Verpflichtungen zu bestimmten Formulierungen im Sinne des Gender-Mainstreaming in staatlichen Institutionen, durch den Arbeitgeber oder in der Amtssprache geben darf. Bestehen solche Verpflichtungen bereits, sind diese schnellstmöglich aufzuheben.

Adoption made in Germany

Die Jungen Liberalen fordern einen Bürokratieabbau und eine Anonymisierung des Adoptionsverfahrens. Zukünftig sollen zentrale Adoptionsstellen in jedem Bundesland eingerichtet werden, die den Entscheidungsprozess zukünftig übernehmen.

Als maßgebliche Änderungen im Entscheidungsprozess fordern wir zusätzlich:
1. Das Mindestalter der Eltern zur Adoption soll an die Volljährigkeit geknüpft werden.
2. Eltern sollen zukünftig in den Entscheidungsprozess bei der Auswahl des Kindes maßgeblich eingebunden werden.
3. Die zukünftigen Eltern sollen durch Anonymisierung vor Diskriminierung geschützt werden.
4. Bei homosexuellen oder diversen Paaren soll es künftig genauso möglich sein, den oder die Partnerin einzutragen, ohne ein kompliziertes Adoptionsverfahren durch-laufen zu müssen.
5. Die derzeitigen Prüfungspunkte bei der Elterneignung sollen im Angesicht der Anonymisierung beibehalten werden.