I. Grundsätze der Außenpolitik
Die Außenpolitik stellt einen der wichtigsten und sensibelsten Bereiche staatlichen Handelns dar. Sie sollte immer auf die Schaffung von Frieden, die weltweite Einhaltung von Menschenrechten und die Verbreitung der Freiheit ausgerichtet sein. Wertegebundenheit in Bezug auf außen- und sicherheitspolitisches Vorgehen, Verantwortung, Kontinuität und Verlässlichkeit sind die Merkmale der liberalen Außenpolitik.
Als Junge Liberale Schleswig-Holstein bekennen wir uns zum Selbstbestimmungsrecht der Völker. Demokratie, die wir für die beste Staatsform halten, soll anderen Völkern nicht durch andere per Zwang auferlegt werden. Wir setzen vielmehr darauf, dass alle Völker aus sich heraus nach Freiheit streben. Ebenso bekennen wir uns zur universellen Geltung der Menschenrechte.
Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein wenden sich gegen Präventivkriege ohne UN-Mandat. Krieg ist nur das letzte Mittel, um schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte im Inland sowie die akute Gefährdung anderer Staaten zu unterbinden. Dabei setzen wir auf den Einfluss der Vereinten Nationen, unter deren Dach solche Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein wenden sich daher auch gegen Alleingänge und Interventionen einzelner oder mehrerer Staaten. Es ist vielmehr auf eine zunehmende Verrechtlichung der internationalen Politik hinzuwirken.
In den vergangenen Jahren hat sich die Lage der internationalen Beziehungen grundlegend verändert. Die Gefahr für die Sicherheit Europas geht gegenwärtig nicht mehr vorrangig von Nationalstaaten, sondern vielmehr von Fanatikern und Terroristen oder Armeen ohne Hoheitszeichen aus.
II. Sicherheits- und Verteidigungspolitik
a. Ausgangslage
Die sicherheitspolitische Lage Deutschlands hat sich mit dem Ende des Ost-West-Konflikts grundlegend gewandelt. Dieses umfasst neben den klassischen zwischenstaatlichen Konflikten bzw. Kriegen, die durch neue technische Entwicklungen wie den Cyberwar oder unbemanntes Kriegsgerät eine neue Qualität erreicht haben, vor allem den internationalen Terrorismus, die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen, innerstaatliche und regionale Konflikte und weak bzw. failed states. Hinzu kommt die allgemeine Tendenz, dass Gewalt und Gewaltanwendung zunehmend wieder entstaatlicht und entrechtlicht wird. Ziel einer liberalen Sicherheitspolitik muss es daher sein, eine differenzierte Antwort zu geben und dabei primär präventiv tätig zu werden, um so direkt die Ursachen für die Bedrohungen zu bekämpfen.
b. Ziele und Rezeption der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Das Thema Krieg und Frieden und die Rolle Deutschlands in der Welt beschäftigt viele Bundesbürger. Um diese in der sicherheits- und verteidigungspolitischen Debatte mitzunehmen, ist es aus liberaler Sicht notwendig, das Thema öffentlich besser zugänglich zu machen und eine breite Diskussion in der Bevölkerung nicht nur zuzulassen, sondern auch anzustoßen. Dabei steht vor allem auch die Frage nach den sicherheitspolitischen Werten und Interessen Deutschlands im Raum. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein vertreten eine klare Position: Die Sicherheit Deutschlands und aller Bundesbürger muss möglichst präventiv hergestellt werden. Dabei gilt jedoch, dass militärische Schritte an einen Katalog grundlegender Voraussetzungen, wie etwa die Deckung durch ein UN-Mandat oder die vollständige Ausschöpfung des nichtmilitärischen Instrumentariums, zu binden sind. Es muss bei jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr mit Verletzten und Toten gerechnet werden. Daher gehört es zu einer verantwortungsvollen Außenpolitik, dass vor jedem Einsatz ausreichend Zeit für eine Bedarfs- und Risikoanalyse bereitgestellt werden muss. Sollten sich Ausstattungsmängel im Vorwege zeigen, so sind diese schnellstmöglich abzustellen und ggf. der Einsatz anzupassen oder wenn möglich zu verschieben. Während eines Einsatzes muss die Möglichkeit für die eingesetzten Einheiten eingerichtet werden, Ausbildungs- und Ausrüstungsmängel schnell und unkompliziert dem BMVg melden zu können. Des Weiteren ist eine kontinuierliche Anpassung und Neuausrichtung des Mandates bei Bedarf vorzunehmen. Den bisherigen Automatismus einer Mandatsverlängerung ohne Anpassung darf es nicht mehr geben.
Mittelfristig sprechen wir uns für eine Neudefinition des Kombattantenbegriffes im Völkerrecht aus, da die Konfrontation zwischen uniformierten Soldaten staatlicher Armeen keineswegs mehr der Standard ist und der Kampf gegen Terroristen, Piraten, Milizen, Guerillas und ähnliche Gruppen immer mehr an Bedeutung gewinnt.
c. Einbettung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein begreifen die EU als Kern der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, komplettiert durch die (strategische) Partnerschaft mit den USA und der damit verbundenen Einbindung in die NATO. Die EU muss eigene Kapazitäten und Fähigkeiten entwickeln, wie dies bereits mit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS) und dem Battlegroup-Konzept geschehen ist. Dabei ist darauf zu achten, dass die EU-Komponenten zwar NATO-kompatibel sind, jedoch keine NATO-Abhängigkeit begründen. Ziel ist eine starke europäische Säule innerhalb der NATO, die falls notwendig auch unabhängig von den Partnern jenseits des Atlantiks handlungsfähig ist.
Die OSZE ist als wichtige Organisation zur Kommunikation, Zusammenarbeit, Konfliktverhütung, Rüstungskontrolle und Abrüstung wieder zu stärken. Die UN als die internationale Organisation zur Wahrung und Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit muss dringend neu ausgerichtet werden, um den ihr zugedachten Aufgaben auch nachkommen zu können. Aus der Sicht der Jungen Liberalen Schleswig-Holstein muss deshalb der UN-Sicherheitsrat reformiert werden. Insbesondere ist die Zahl der Sicherheitsratsmitglieder zu erhöhen, um eine ausgewogenen Repräsentation aller Weltregionen zu erreichen. Das Vetorecht ist abzuschaffen. Langfristig ist bei der Reform der Strukturen der Vereinten Nationen ein gemeinsamer europäischer Sitz anzustreben. Der Internationale Gerichtshof (IGH) und die Generalversammlung müssen stärker eingebunden, die operative Friedenssicherung durch eine ständige Eingreiftruppe ermöglicht und die Finanzierung der UN selbst und der Friedensmissionen verbessert werden. Bei UN-Kräften ist in Zukunft stärker auf Qualität in Ausbildung, Ausstattung und Befehlsstruktur zu achten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die größten Truppensteller aufgrund der für sie im Vergleich zu Industrieländer höheren finanziellen Anreize Entwicklungs- und Schwellenländer sind. Die Mandatierung von NATO- oder EU-geführten Kräften sollte die Ausnahme bleiben. Die Bildung von coalitions of the willing wie im dritten Golfkrieg oder auch nationale Alleingänge ohne völkerrechtliche Legitimation lehnen die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein prinzipiell ab.
d. Instrumente deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Das wesentliche Instrument deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist neben Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit die Bundeswehr als Parlamentsarmee. Die JuLis Schleswig-Holstein sind der Überzeugung, dass sie transformiert werden muss, um sie an die neue Interessen- und Bedrohungslage anzupassen. Dabei müssen neue Fähigkeiten erworben werden, jedoch wäre eine völlige Vernachlässigung klassischer Bedrohungen und deren Gegenmaßnahmen geradezu fahrlässig, da diese potentiell wieder auftreten können. Dies gilt auch mit Blick auf die Gefahren durch nukleare Rüstung. Eine zeitnahe Umsetzung von Artikel 6 des Nichtverbreitungsvertrages und damit eine vollständige nukleare Abrüstung ist notwendig. Grundsätzlich müssen Bedrohungen, etwa durch potentielle neue Atommächte, frühzeitig mit diplomatischen Mitteln abgewendet werden. Eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik hat aber auch für den Fall eines Scheiterns diplomatischer Bemühungen vorzusorgen. Da Sicherheit durch Abschreckung bei unberechenbaren Akteuren nicht funktioniert, muss der Ausbau von defensiven Systemen, trotz aller damit verbundenen Probleme, vorangetrieben werden. Ein funktionierender Raketenabwehrschirm kann zwar keinen absoluten Schutz bieten, wäre aber ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit Europas.
Die JuLis Schleswig-Holstein sind sich darüber im Klaren, dass bei der Bekämpfung dieser Gefahren die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit teilweise zu verwischen drohen. Dennoch halten die JuLis Schleswig-Holstein an der strikten Trennung von Polizei, Bundeswehr, Inlands- und Auslandsdiensten fest. Die Koordination und den Austausch zwischen den Behörden sehen die JuLis Schleswig Holstein als notwendig an, allerdings muss dieses von übergeordneten Gremien durchgeführt werden, welche parlamentarischer Kontrolle zu unterstellen sind. Die Nachrichtendienste sind sowohl im In- und Ausland ein wichtiges Instrument zur Gefahrenabwehr. Einige Skandale in den letzten Jahren machen allerdings deutlich, dass eine sehr gründliche parlamentarische Kontrolle und kontinuierliche Reformierung der verschiedenen Behörden notwendig bleibt, um Arbeit und Initiative abseits des GG zu unterbinden.
Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel benötigt die Bundeswehr vor allem eine Ausrüstung, die den in Zukunft am wahrscheinlichsten eintretenden Einsatzszenarien gerecht wird. Besondere Priorität kommen deshalb neben der allgemeinen Modernisierung der Bundeswehr, der Ausweitung ihrer Mobilität, der Bereitstellung von Spezialkräften und bewaffneter Drohnen bzw. Fahrzeugen sowie dem Aufbau und Ausbau von Kräften zum Cyberwar zu. Demnach darf das Verteidigungsbudget auch nicht weiter gekürzt werden, sondern muss zumindest auf dem bisherigen Stand beibehalten werden. Eine Aufgabenkritik und Suche nach Einsparmöglichkeiten muss sich primär an sicherheitspolitischen Gesichtspunkten orientieren. Weitere Rationalisierungsmaßnahmen sind zu prüfen. Beschaffungsmaßnahmen sind an den verteidigungspolitischen Anforderungen zu orientieren und mit den europäischen Partnerländern zu koordinieren. Zusätzlich muss die Finanzierung von Auslandseinsätzen transparenter gestaltet werden. Eine Privatisierung zur Umgehung parlamentarischer Kontrolle und eines Handels abseits der Grundrechte lehnen wir ab. Insbesondere die Inanspruchnahme von Dienstleistern (Academi) oder Anwerben von externen Einsatzkräften stehen im Kontrast zu den Werten eines liberalen Rechtsstaats.
Wie Negativbeispiele aus Streitkräften anderer demokratischer Nationen gezeigt haben, ist das bewährte Prinzip der “Inneren Führung” gerade bei einer “Armee im Einsatz” zu fördern und zu stärken. Die Wehrpflicht ist abzuschaffen und es müssen stärkere Anreize für Zeit- und Berufssoldaten geschaffen werden. Dafür ist der Bundeswehr Zugang zu Schulen und Universitäten zu gewähren. Zivilklauseln lehnen wir ab. Auf langfristige Sicht muss es das Ziel sein, die Bundeswehr wie auch die anderen nationalen Streitkräfte in eine Europäische Armee zu überführen, die Synergieeffekte freisetzt und Kosten spart. Erste Ansätze sind z.B. schon mit der Europäische Rüstungsagentur geschaffen worden.
e. Konfliktprävention
Konfliktprävention heißt auch, Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie eine restriktive Rüstungsexportpolitik ernst zu nehmen. Dies ist auch einer zunehmenden Verrechtlichung der Internationalen Politik dienlich. Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern verstärkte Bemühungen der Bundesregierung, auf mindestens national bzw. europäischer, besser aber internationaler Ebene, um Abkommen zur Regulierung von private security companies (psc) sowie private military companies (pmc), Kleinwaffenweitergabe, Lizenzproduktionen und Dual-use186 Gütern, also sowohl zivil als auch militärisch nutzbaren Waren, Waffen im Weltraum und inhumanen Waffen wie Antipersonenminen und Streubomben hinzuwirken bzw. diese zu überarbeiten und zu stärken. Das Aufstellen privater paramilitärischer Kräfte lehnen die JuLis Schleswig-Holstein entschieden ab. Überarbeitet und gestärkt werden müssen auch die bisherigen Abkommen zu atomaren, biologischen und chemischen Waffen. Die eigene deutsche Rüstungsindustrie ist sicherheitspolitisch betrachtet nicht mit der sonstigen Wirtschaft vergleichbar. Deshalb muss es für die Übernahme deutscher Rüstungsfirmen weiterhin die Möglichkeit eines ministerialen Vetos geben. Die Julis Schleswig-Holstein setzen langfristig auf eine globale Abrüstung sowohl konventioneller als auch ABC-Waffen.