Laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN) sind jedes Jahr rund 30 Prozent der Bevölkerung von einer psychischen
Erkrankung betroffen. Die Anzahl der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen
hat sich seit 2009 fast verdreifacht. Im Jahr 2019 waren bereits 18,5 Prozent aller
Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen bedingt. Nur etwa jeder fünfte
Betroffene nimmt Kontakt zu einem Psychotherapeuten auf. Wer die Kraft hat, sich
professionelle Hilfe zu suchen, der verzweifelt oft. Wartezeiten im Schnitt bis zu
neun Monaten oder länger sind keine Seltenheit. In dieser Zeit leiden Betroffene
enorm, wodurch ihre Lebensqualität drastisch sinkt. So verlieren viele Menschen ihren
Job, brechen ihr Studium ab, distanzieren sich von ihrem sozialen Umfeld und geben
ihr Leben im schlimmsten Fall ganz auf. Dieser desolate Zustand in Deutschland ist
nicht mehr schönzureden. Wir als Junge Liberale Schleswig-Holstein wollen mit gutem
Beispiel voran gehen und zur Endtabuisierung des Themas beitragen. Wir fordern die
Politik dazu auf, so schnell wie möglich zu handeln.
Die Jungen Liberalen Schleswig-Holstein fordern daher:
Bürokratiehürden abbauen
Als Sofortmaßnahme zur Verkürzung der Wartezeiten auf einen Therapieplatz soll das
Kostenerstattungsverfahren vereinfacht werden. Damit können Betroffene
psychotherapeutische Leistungen auch bei Therapeuten ohne Kassenzulassung einfacher
in Anspruch nehmen. Künftig soll eine Bescheinigung durch einen Therapeuten im
Erstgespräch ausreichen, um das Kostenerstattungsverfahren in Anspruch nehmen zu
können.
Die Erhöhung der Anzahl an Therapieplätzen
Um die Anzahl der Therapieplätze langfristig auszuweiten, müssen die Kassensitze für
Psychotherapeuten deutlich erhöht werden. Das Ziel muss sein, die Wartezeiten so zu
reduzieren, dass Betroffene innerhalb weniger Wochen einen Therapieplatz erhalten
können.
Psychosoziale Beratungsstellen stärken
Wir setzen uns für die Förderung von psychosozialen Beratungsstellen insbesondere an
Hochschulstandorten ein. Damit psychosoziale Beratung allen Menschen gleichermaßen
zugutekommt, fordern wir die Ausweitung von digitalen Beratungsmöglichkeiten.
Die Förderung von Forschung und Entwicklung
Deutschland darf auch im Bereich der Psychotherapie nicht stillstehen, sondern muss
in Forschung und Entwicklung investieren. Verfahren wie z.B. Hypnotherapie, Ego-
State-Therapie oder „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ (EMDR) helfen
nachweislich den betroffenen Menschen. Daher muss stetig überprüft werden, ob bisher
nicht offiziell zugelassene Therapieverfahren auch hierzulande anerkannt und
praktiziert werden können.
Mehr Reform in der Psychotherapieausbildung wagen – auch bei der Digitalisierung
Darüber hinaus muss eine Vermittlung von digitalen Kompetenzen erfolgen: Angesichts
des zunehmenden Einsatzes von Technologie in der Psychotherapie könnte die Ausbildung
besser auf den Umgang mit digitalen Therapieformen und technologischen Hilfsmitteln
vorbereiten. Dies umfasst die Ausbildung in der Nutzung von Online-Plattformen,
virtuellen Therapiesitzungen und anderen digitalen Werkzeugen.
Mehr psychische Gesundheit an Schulen
An Schulen soll das Thema „Mentale Gesundheit“ im Rahmen des Unterrichts in den
Grundzügen diskutiert werden, so dass mehr Aufklärung erfolgt, Lehrer und Schüler
sensibilisiert werden, Prävention und Früherkennung gestärkt wird und sich bereits im
jugendlichen Alter ein normaler Umgang mit mentaler Gesundheit entwickelt. Es soll
ferner auch sichergestellt werden, dass an allen Schulen ausreichend
Schulsozialarbeiter sowie schulpsychologische Beratungsangebote bereitstehen.
Auch externe Workshops zum Thema mentale Gesundheit an Schulen begrüßen wir sehr.