Liberal 2020 – der organisierte Liberalismus im neuen Jahrzehnt

In einer kurzfristigen Zeit der Taktik und vermeintlicher Problemlösung ist es umso mehr Aufgabe einer Partei, langfristige Visionen und strategische Lösungen zu erarbeiten, um die politische Willensbildung der Gesellschaft mitzugestalten. Jede Partei, die diesen Zukunftsanspruch an ihre Inhalte stellt, muss sich auch selbst immer wieder erneuern und in strukturellen und inhaltlichen Fragen vorangehen. Wir sehen die Freien Demokraten besonders in der Pflicht, auf allen Ebenen bei liberaler Organisation derart mitzuwirken, dass der Liberalismus im fortschreitenden 21. Jahrhundert mehr denn je als Zukunfts- und Innovationsmotor verstanden wird. Um dieses Bild weiterhin zu prägen und die Vorreiterrolle, die der Wahlkampf 2017 eindrucksvoll präsentiert hat, auch im kommenden Jahrzehnt zu bewahren und auszubauen, sehen wir einen Aktionsplan 2020, der entscheidende Fragen der Parteigestaltung und – organisation in den Blick nimmt sowie Ziele formuliert, die bis 2030 anzustreben sind, als unerlässlich an. Intention hinter dem Aktionsplan muss eine immer wieder stattfindende Hinterfragung gefasster Strukturen, aber auch eine Bewahrung funktionierender Mechanismen sein. Zudem sehen wir es als Junge Liberale gleichzeitig als unsere Aufgabe, in diesen Fragen voranzugehen
und zu aller erst einen eigenen Erneuerungsprozess in Gang zu setzen, um die Jungen Liberalen SH in den Fragen der Modernisierung, Transparenz und Diversität voranzubringen:

Veränderung, ohne zu zerstören
Für uns ist der liberale Grundgedanke auch weiterhin Richtschnur unserer politischen Aktivität. In sich immer schneller verändernden Umständen und Möglichkeiten auch für die Arbeit innerhalb der Partei und des Verbandes wollen wir daher mit Vernunft und Augenmaß Motor für die politische Organisation der Zukunft sein, die den technologischen Fortschritt mit Blick auf die erweiterten Chancen für die Partizipation der Mitglieder begrüßt. Neben unseren Forderungen nach zahlreichen Modernisierungen des Landesparteitages, wie beispielsweise ein Online-Antragstool oder dem
Rederecht für alle Mitglieder, und einer stärkeren Einbindung der Basis durch Urwahlen für Spitzenkandidaten und Vorsitzende wollen wir uns in Zukunft außerdem für folgende Anliegen einsetzen:

– Delegierte und Ersatzdelegierte des Landesparteitages sollen in Zukunft einen individuellen Code erhalten, der sich aus einer Kennzahl für ihren Kreisverband sowie einer zufälligen vier- bis sechsstelligen Zahlenfolge zusammensetzen soll und der ihnen nach ihrer Wahl von dem jeweiligen Kreisvorsitzenden zugeteilt und gebündelt an den Landesvorstand weitergeleitet wird. Mittelfristig soll es das Ziel sein, sich über diesen Code einmalig für jeden Landesparteitag bei einem elektronischen Abstimmungsgerät anmelden zu können, ein Delegiertenmandat über ein Tool auf der Website unkompliziert an einen der Ersatzdelegierten weiterzugeben oder sich papierfrei an einem zentralen Computer in eine
Mitglieder- und Anwesenheitsliste einzutragen.
– Wir setzen uns zudem für ein Online Alex-Müller-Verfahren unter den Mitgliedern der FDP SH zur Bestimmung der Antragsreihenfolge im Vorfeld von Landesparteitagen der FDP SH sowie unter Mitgliedern der JuLis SH vor Landeskongressen ein. Hierdurch kann die Einbindung der Mitglieder gestärkt sowie der inhaltliche Diskurs gefördert werden.
– Die Website der Jungen Liberalen SH bedarf eines Updates. Hierzu beauftragt der gesamte Landesverband jeden zukünftigen Vorstand, bis zum Beginn des neuen Jahrzehnts mit dem Umbau und der Modernisierung der Website zu beginnen. In den 2020er Jahren soll es keine „toten Links“ oder verödeten Bereiche mehr geben, in denen seit Monaten nichts mehr aktualisiert wurde. Stattdessen ist vor allem mit Blick auf die Einfachheit für potentielle Mitglieder und Interessierte sowie die Nützlichkeit für aktive Mitglieder eine Verschlankung und Verbesserung der Website vorzunehmen, die sowohl im Inhalt als auch Design aktuell bleibt und im Bundesgebiet vorangeht. Wir wollen eine schnelle und unkomplizierte Feedback-Funktion für Mitglieder zu bestimmten Inhalten auf der Website als Ergänzung der erfolgreichen Sonntagsfrage in die Modernisierung der Online-Präsenz einbauen. Die Vor- und Nachteile eines Informationsaustausches zur Verbesserung der Website mit anderen Landesverbänden und einer möglichen Zusammenarbeit mit dem Bundesverband sind ernsthaft zu bewerten.
– Durch eine bessere Anpassung und Vernetzung mit den sozialen Medien ist die Online-Präsenz der Jungen Liberalen SH zu erhöhen. Dies geschieht unter anderem mit passenden Dateiformaten oder gut einzubindenden Pressemitteilungen und Beschlüssen. Leicht verständliche Tools und gegebenenfalls eine Einführung für Vorstandsmitglieder können die Arbeit an der Website erleichtern.
– Neben den sich neu ergebenden Möglichkeiten der Vernetzung sind auch weiterhin die Zeitungen und sogenannten Leitmedien von großer Bedeutung. Hier haben die Jungen Liberalen im Vergleich zu der FDP SH noch Aufholbedarf. Durch ein einheitliches Format für Pressemitteilungen, professionalisierte Fotos wie Videos mit regelmäßigem Output insbesondere in den Wahlkämpfen und der größeren medialen Präsenz von Einzelpersonen soll die Schlagkraft der inhaltlichen Beschlüsse und die Darstellung der Außenwirkung insgesamt gestärkt werden. Zudem sollen neue Tools der Social-Media-Arbeit evaluiert werden. Dazu zählt beispielsweise die Zusammenarbeit mit liberalen Influencern auf verschiedenen Plattformen. Denkbar wäre ebenfalls, eine Neumitgliederkampagne zu implementieren.

 

Transparenz, ohne zu misstrauen
Nicht immer schafft Transparenz Vertrauen: Obwohl sie zur Aufklärung von Sachverhalten und zur Stützung von Vertrauen wesentlich sein kann, darf die Forderung nach Transparenz im Verband wie der Partei nie in ein destruktiv-dauerhaftes Misstrauen umschlagen. Deswegen fordern wir sowohl in unserem eigenen Verband wie auch bei der FDP eine Stärkung der Transparenz mit Augenmaß, um einerseits dem demokratisch gewählten Vorstand die Arbeit nicht zu erschweren, andererseits jedoch die Einbindung der Mitglieder sowie die Kontrollmöglichkeiten der demokratischen Organe zu stärken.

– Das Konstitut der Ombudsperson hat sich sowohl bei den Jungen Liberalen als auch bei der Bundespartei der FDP bewährt. Als unabhängiges Scharnier zwischen den Mitgliedern und dem Vorstand ist die Ombudsperson einerseits für eine Betrachtung der Umsetzung von Beschlüssen und des Einsatzes des Vorstandes für die inhaltliche Linie
zuständig, ohne dabei selbst eine inhaltliche Linie vorzugeben oder die demokratische Bewertung durch einen wählenden Landesparteitag oder Landeskongress vorwegzunehmen. Zudem kommt einer Ombudsperson eine Vermittlungsfunktion im Streitfall zu. Bei Problemfällen und Auseinandersetzungen von Mitgliedern oder im Vorstand gibt es die Möglichkeit, sie vertrauensvoll zur Schlichtung einzuberufen und sich so um einen Ausgleich zu bemühen. Die Ombudsperson muss in den jeweiligen Vorständen kooptiert werden. Der jährliche Bericht dieser Ombudsperson, in der Streitfälle anonymisiert angesprochen und grobe Verstöße gegen Beschlusslage erwähnt werden, trägt zur Problemlösung und indirekten Stärkung der Mitglieder bei. Wir fordern daher die Einsetzung und turnusmäßige Wahl einer Ombudsperson bei der FDP
Schleswig-Holstein sowie die Prüfung dieser in den Kreisparteien.
– Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe der FDP SH zur Schaffung von Transparenz und Modernisierung der Partei begleiten die Jungen Liberalen SH konstruktiv-kritisch. Wir erhoffen uns als Ergebnis dieser Arbeit vor allem eine bessere Einbindung der Neumitglieder durch einen Mix aus bewährten Veranstaltungsformaten und neuen Ideen, eine stärkere Zusammenarbeit mit den Jungen Liberalen, unter anderem durch gemeinsame Seminare zur Vermittlung von in der Politik wichtigen Fähigkeiten und geringere Hürden für mitgliederoffene Plenumsbesuche und Diskussionen mit Abgeordneten.

 

Diversität, ohne zu erzwingen
Die FDP und die JuLis müssen sich gesellschaftlich vielfältiger aufstellen – grundsätzlich ist jede Person fähig, jede Bevölkerungsgruppe angemessen zu vertreten. Dennoch bedarf es einer kritischen Analyse des Angebots der Partei sowie der liberalen Vorfeldorganisationen, das wir im Punkt der Vielfalt abliefern. Die Schwäche dieses eigenen Angebots, das wir offensichtlich beispielsweise an Frauen abzugeben scheinen, lässt sich nicht durch eine Quote kaschieren. Keine Quote hilft dabei, verschiedene Menschen für eine politische Bewegung zu begeistern, keine Quote unterstützt gesellschaftliches
Engagement nachhaltig. Es ist die Aufgabe jeder Partei, ihr Angebot derart auszurichten, dass sich möglichst viele gesellschaftliche Gruppen dort wiederfinden. Dazu ist eine engere Zusammenarbeit mit den Liberalen Frauen und LiSL anzustreben. Um unsere diesbezüglichen Bestrebungen transparenter zu machen, soll der Landesvorstand auf jedem Landeskongress einen Rechenschaftsbericht vorlegen. Dieser soll über Geschlechterverteilung im Landesverband und in den Kreisvorständen informieren, außerdem soll über durchgeführte Maßnahmen und deren Wirkung beispielsweise zur Steigerung des Frauenanteils berichten. Zudem sollen weitere geplante Maßnahmen aufgeführt werden. Weiter wollen wir folgende Maßnahmen und Ziele zur Stärkung der Diversität innerhalb der Jungen Liberalen sowie bei der FDP formulieren:

– Das prozentuale Mitgliederverhältnis von Männern und Frauen in einer Partei ist Indikator für die generelle Vielfalt. Deswegen wollen wir bis 2030 in der FDP Schleswig-Holstein sowie bei den Jungen Liberalen Schleswig-Holstein einen Mindest-Frauenanteil von einem Drittel erreicht haben.
– In Zusammenarbeit mit den Kreisvorständen wie Veranstaltungsorganisatoren sollen Events nach Möglichkeit auf eine
diverse Struktur ausgerichtet sein. Dabei sollen bewährte Stammtische oder Traditionen nicht abgeschafft werden; in Zusammenarbeit mit den Kreisvorsitzenden sollte der Landesvorstand einen für alle Kreise zugänglichen Katalog mit Veranstaltungen formulieren, die aus der Erfahrung heraus für alle Geschlechter attraktiv waren und gegebenenfalls mit geringem Aufwand verbunden sind. In diesen Katalog sind möglichst zahlreich Erfahrungen der Mitglieder vor Ort einzubinden. Der Katalog und dessen Funktionalität ist jährlich im Bericht der Ombudsperson zu evaluieren und durch den Landesvorstand regelmäßig zu erweitern. Auch andere Vorfeldorganisationen könnten von einem solchen Katalog profitieren.
– Wir wollen nicht nur die geschlechtliche, sondern auch Vielfalt bei verschiedenen Lebens- und Arbeitsmodellen und Milieus repräsentieren. Durch den Besuch von beruflichen Bildungseinrichtungen, Vernetzung mit regionalen Akteuren und die Einbindung von Jungen Liberalen in die örtlichen Strukturen wie beispielsweise den Kreistagen wollen wir sowohl
Angebot als auch Präsenz des Verbandes im Flächenland Schleswig-Holstein verbessern.
– Zur Diversität gehört auch die Präsenz von Familien und Kindern bei Parteiveranstaltungen. Viele Veranstaltungen finden zu familienunfreundlichen Zeiten statt. Hier müssen die Bedürfnisse von Alleinerziehenden und Familien mehr mitgedacht werden. Bei größeren und längeren Veranstaltungen wünschen wir uns bei der FDP eine Kinderbetreuung. Zudem muss die Sensibilität gegenüber Kindern gestärkt werden.
– Außerdem ist die Sensibilität gegenüber Rassismus und Sexismus gegenüber Frauen, Trans- und Intersexuellen, aber auch gegenüber Männern zu fördern. Sexistische und rassistische Bemerkungen dürfen nicht einfach hingenommen werden. Wir wollen ein Klima der Toleranz und Vielfalt vermitteln. Die Ombudsperson könnte hierfür in den Kreisen entsprechenden Input geben.
– Wir wünschen uns, dass die FDP SH eine Online-Zufriedenheitsumfrage durchführt. Dabei soll insbesondere auch auf Frauen eingegangen werden, indem abgefragt wird, was für Themen und welche Veranstaltungsformate von ihnen gewünscht werden. Auch soll die Nachfrage zu einem Mentoringprogramm auf Landesebene der FDP ermittelt werden.

 

Im kommenden Jahrzehnt werden schwerwiegende Veränderungen in der Kommunikationsstruktur weiter Fahrt aufnehmen. Dem werden wir nicht durch das Erfinden neuer Begriffe gerecht, sondern nur durch eine Partei- und
Verbandsstruktur, die den neu gewachsenen Ansprüchen gewachsen ist. Als politische Organisation müssen wir in der Lage sein, uns von anderen Vereinen und Projekten abzuheben und auch weiterhin unsere politische Agenda zu
aktualisieren und auf die Tagesordnung zu setzen, wann immer wir die Chance dazu erhalten. Nicht länger einzelne Autoritäten, sondern viel mehr die umfassende Legitimation durch Basiswahlen und -entscheidungen werden den
politischen Diskurs der 2020er-Jahre bestimmen –diese Veränderungen können wir nicht aufhalten, wir können sie jedoch aktiv mitgestalten. Dieses Projekt wollen wir mit Tatkraft, Offenheit und liberaler Handschrift angehen.

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