Ursprünglich beschlossen am 21.10.2012
Überprüft worden vom eLavo am 27.02.2022
Freie Menschen bestimmen selbst über ihr Leben. Sie treffen Entscheidungen auch über ihren Körper selbst und ohne Bevormundung. Sie tun dies, weil sie vernunftbegabt und einsichtsfähig sind. Das gilt sogar dann, wenn ein Mensch sich zu seinem eigenen Nachteil entscheidet, gar seinen Körper verletzt.
Kinder passen nicht in dieses Bild, können solche Entscheidungen nicht treffen. Sie kennen nicht die Risiken von Eingriffen an ihrem Körper und können ihren Willen noch nicht artikulieren. Deshalb müssen ihre Eltern solche Entscheidungen für sie und zu ihrem Wohl treffen. Grundsätzlich ist jede Substanzverletzung eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und erfüllt damit den Tatbestand der Körperverletzung. Ihre Rechtmäßigkeit bedarf also einer Rechtfertigung. Unstrittig kommt dabei die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung in Betracht. Keine Rechtfertigung eines solch schwerwiegenden, irreversiblen Eingriffs stellt jedoch das Vorliegen rein ästhetischer oder religiöser Motive dar.
Zweifelsohne erkennen die Jungen Liberalen die Religionsfreiheit und das elterliche Sorge- und Erziehungsrecht des Grundgesetzes an. Diese Grundrechte müssen jedoch der Abwägung mit anderen, ebenso wichtigen Verfassungsgütern standhalten. Dazu zählen namentlich die körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht sowie die Religionsfreiheit des Kindes. Grund und Grenze des elterlichen Sorge- und Erziehungsrechtes ist das Wohl des Kindes.
Eine Beschneidung im Genitalbereich, gerade im nichteinwilligungsfähigen Alter, ist ein massiver Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kindes. Es kann dabei nicht auf eine angebliche Unbedenklichkeit des Vorgangs verwiesen werden. Nachgewiesenermaßen kann es zu einer schwerwiegenden psychischen und physischen Beeinträchtigung eines beschnittenen Kindes hinsichtlich seiner sexuellen Empfindsamkeit im Erwachsenenalter kommen. Auch vermutete hygienische Vorteile können eine fehlende medizinische Indikation nicht ersetzen. Gerade als Liberale setzen wir uns immer für die Freiheit und Selbstbestimmung ein. Dies muss gerade dann gelten, wenn so sensible Bereiche wie die Selbstbestimmung über den eigenen Körper und über die eigene Sexualität betroffen sind. Natürlich spielt die männliche Beschneidung im Islam und Judentum eine zentrale Rolle. Jedoch kann keine religiöse Vorschrift über dem Grundgesetz stehen und auch Religionsgemeinschaften sind angehalten, ihre Regeln auch anhand zentraler Menschenrechte immer wieder zu hinterfragen und nötigenfalls zu reformieren.
Entscheidet sich ein Jugendlicher im religionsmündigen Alter für eine Beschneidung, so ist dies ein Ausdruck von Religionsfreiheit und gelebtem Glauben. Dabei ist jedoch insbesondere bis zum 18. Lebensjahr zu gewährleisten, dass es sich um eine freie Entscheidung des Kindes handelt und der Eingriff medizinisch sicher durchgeführt wird. Wir fordern darüber hinaus, dass die FDP sich für eine EU- weite Regelung einsetzt, um zu verhindern, dass der Eingriff in Nachbarländern durchgeführt wird.